IT-Executive Club |  Interview mit Laura John und Lena John - den ITgirls

 

Autor: Björn Pahlke

Im letzten Jahr (2021) startete die Kooperation zwischen dem IT-Executive Club und den ITgirls. Seitdem hat sich viel bewegt. Gemeinsam mit Lena und Laura blicken wir zurück auf das vergangene Jahr und schauen voraus, wie sich diese Kooperation noch entwicklen kann.

 


Laura und Lena, seit mehr als einem Jahr besteht bereits die Kooperation zwischen den ITgirls und dem IT-Executive Club. Ihr seid aktiv auf Veranstaltungen unterwegs, haltet Vorträge und könnt auf eine breite Reichweite in den sozialen Netzwerken zurückgreifen. Dennoch soll es noch Leute geben, die euch nicht kennen. Daher die Frage an euch: Wer sind eigentlich die zwei Schwestern, die hinter den ITgirls stecken?


Laura John: Wir sind zwei Schwestern, die bis vor kurzem noch beide in nicht-technischen Bereichen studiert und gearbeitet haben und nun tief in die Tech-Branche eingetaucht sind. Ich bin die jüngere Schwester von uns beiden. Ich beschäftigte mich während meines Studiums „Management, Society and Technology“ mit gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung.  Inzwischen arbeite ich in einem GovTech Start-up, also einem Start-up, das Technologien für den öffentlichen Sektor entwickelt.  

Lena John: Mein Weg ist da schon klassischer. Ich wollte eigentlich Mathematik studieren, bin dann aber in Richtung BWL abgebogen und studierte dual. Da hatte ich das Glück bei einem E-Commerce Unternehmen zu arbeiten. Das hat mich  zum Master „IT Management and Consulting“ an der Universität Hamburg geführt.

 


Und warum habt ihr nicht sofort Informatik studiert?


Lena: Ich hatte schlichtweg keine Berührungspunkte mit Programmieren. Als sich dann meinen Tech-Touch-Points vermehrten, fragte ich mich auch, warum ich nicht schon viel früher mit Informatik angefangen habe. Meine Antwort: Mir fehlten Personen und Programme, die mich darauf hätten stoßen können. Es ist einfach abstrakter. Jeder kann sich etwas unter Jura oder Medizin vorstellen, aber wenn es um IT oder Data Science geht, verstehen nur die Wenigsten, worum es geht. Genau deshalb sind die ITgirls entstanden.

Laura: Die Idee ist aus der eigenen Erfahrung heraus entstanden. Im Zuge unserer Suche nach einem IT-Master, wollten wir uns informieren und suchten vor allem nach persönlichen Erfahrungsberichten und möglichen Vorbildern, an denen wir unseren eigenen Weg anlehnen können. Doch es ist uns sehr schwer gefallen, passende Informationen oder Initiativen zu finden. Das wollten wir ändern.

 


Das klingt nach einem klaren Auftrag.


Lena: Absolut. Es geht uns in erster Linie darum, junge Menschen und besonders junge Frauen mit diesen Themen in Berührung zu bringen. Das bedeutet nicht, dass sie unbedingt ein Informatik-Studium machen müssen, aber wir wollen vermitteln, dass das klassische Bild eines Informatikers, der als Nerd nur im Keller sitzt, veraltet ist.

 


Und dafür sucht ihr den Kontakt auf Social Media?


Laura: Über unseren Blog hinaus ist Social Media in der Tat der wichtigste Kanal.  Wir haben als Zielgruppe junge Frauen zwischen 15 und 25 Jahren identifiziert. Im Teenager-Alter ist die Prägung meist schon so stark, dass junge Frauen, wenn sie nie mit Informatik in Berührung gekommen sind,  Tech Berufe gar nicht in Erwägung ziehen. Umso wichtiger, diese Menschen dort zu erreichen, wo sie sich informieren und inspirieren lassen. Da ist der schnellste Weg Social Media. In unserem Fall Instagram, TikTok und LinkedIn.[PB1] 

Lena: Es ist vor allem wichtig, Schülerinnen sowie Studentinnen mit IT-Themen in Berührung zu bringen, denn heutzutage brauchen wir alle digitale Kompetenzen. Wir arbeiten alle mit Computern, Daten und Tools, haben in der Schule aber noch viel zu selten Berührungspunkte damit. Auch im Studium gilt es, digitale Kompetenzen über alle Fachbereiche hinweg zu integrieren. Das würde auch die Zahl der Quereinstiege erhöhen.

Laura: Studien zeigen ja auch, dass ein erheblicher Anteil der Jobs, die Schülerinnen und Schüler heute als Berufswunsch äußern, in 10 bis 20 Jahren gar nicht mehr vorhanden sein werden. Andersherum werden auch viele Jobs noch gar nicht existieren. Es ist eine enorme Herausforderung, aber Kinder müssen auf die aktuellen Entwicklungen vorbereitet werden.

 


Das klingt stark nach einem Plädoyer für Informatik als Pflichtfach. Dafür setzt sich der IT-Executive Club ja schon seit längerem ein. Haltet ihr so etwas für sinnvoll?


Lena: Das haben wir auch immer auf dem Schirm und begrüßen sehr, dass der ITEC sich so stark dafür engagiert. Ich bin mir aber gar nicht so sicher, ob dieses Fach wirklich Informatik heißen sollte. Vielleicht passt ein Name wie Digitale Kompetenzen an dieser Stelle besser. Das wollen wir sehr gerne langfristig vorantreiben.

Laura: Hier braucht es auch eine Menge (Wo)Men-Power. Nur mit den passenden Ressourcen können solche Kampagnen auch durchgeführt werden. Da ist der ITEC auch ein sehr wichtiger Treiber. Mit den IT-Entscheiderinnen und -Entscheidern und dem Austausch mit der Schulbehörde bin ich mir sicher, dass wir einiges bewegen können.

 


Dann ziehen wir hier an einem Strang. Wie hat euch die Kooperation mit dem ITEC denn noch vorangebracht?


Lena: Der ITEC hat uns sowieso schon sehr viel geholfen. Raphael Vaino ist als einer der ersten auf uns zugekommen. Die Kooperation vor ungefähr einem Jahr war ein großer  Schritt. Wir hatten die Möglichkeit, auf einen Schlag mit ganz vielen Unternehmen in Kontakt zu treten. Auch die Vorstellung unserer Initiative beim Clubabend brachte uns mit ganz vielen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern ins Gespräch. Der ITEC hat uns viele Türen geöffnet und hat einen bedeutenden Anteil daran, dass wir so schnell gewachsen sind - sowohl auf Unternehmensseite als auch auf LinkedIn.

Laura Wir hatten den Vorteil, dass wir den umgekehrten Weg einschlagen konnten. Die Unternehmen sind zuerst auf uns zugekommen und im Nachgang konnten wir unsere Reichweite mithilfe unserer Kooperationen in den sozialen Medien aufbauen. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass der ITEC einer der entscheidenden Anstoßpunkte war, den Blog dann auch wirklich zu einer Initiative zu entwickeln - gerade weil wir so auch die Brücke zwischen Schülerinnen und Unternehmen schlagen können, indem wir Ihnen Zugang zu Programmen verschaffen.

 


Das freut uns natürlich sehr, wie wir helfen konnten und dass wir einen so entscheidenden Teil dieser Initiative darstellen. Wie resümiert ihr denn euren Erfolg zum jetzigen Zeitpunkt?


Lena: Es ist wirklich verrückt. Am Anfang hatten wir uns überhaupt keine klaren Ziele gesetzt. Dann haben wir irgendwann damit angefangen und schnell gemerkt, dass wir zu tief gestapelt haben. Dass sich unsere Follower-Zahlen so schnell in den vierstelligen Bereich entwickeln, hätten wir nicht geglaubt. Das Thema bewegt viele Menschen und wir haben einfach den Zahn der Zeit getroffen.

Laura: Vor allem sind wir stolz auf das Feedback, das wir bekommen. Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, wenn wir eine Nachricht erhalten, wie „Ihr habt meine kleine Schwester für Web-Development begeistert“ oder „wegen euch habe ich ein Informatik-Studium angefangen“. Dass wir oft der entscheidende Anstoß für Menschen sind, zeigt, dass wir wirklich etwas bewegen. Wir helfen also tatsächlich, den Frauenanteil zu erhöhen und das ist enorm wertvoll für uns.

 

 


Das klingt alles sehr beeindruckend, aber warum eigentlich ausgerechnet Hamburg?


Lena: Anfangs war es gar nicht unbedingt die Ambition. Aber der Schwerpunkt auf Hamburg entwickelte sich organisch. Durch unsere Social Media Präsenz sind wir zwar nicht an einen Standort gebunden und erreichen auch Menschen in der gesamten DACH-Region, doch unter anderem durch die Kooperation mit dem ITEC prägten einfach Hamburger Unternehmen unser Netzwerk.

Laura: Für uns ist Hamburg auch wichtig, weil wir aus der Umgebung kommen. Jede Bemühung, aber auch jeder Rückschlag für den IT-Standort Hamburg bewegt uns da natürlich mehr. Doch trotz aller Bemühungen ist es auch so, dass Hamburg noch Entwicklungspotential besitzt.

Lena: Das sehe ich ganz genauso. Wir haben zwar in Hamburg viele Unternehmen, die Bemühungen unterstützen, aber solche Bemühungen gibt es in München oder Berlin auch.

Laura: Hamburg muss vor allem aufpassen, junge Talente nicht an diese Standorte zu verlieren. Hier ist auch Frauenförderung ein entscheidender Fokus. Passiert das nicht, läuft Hamburg Gefahr, die Start-Up-Szene zu verschlafen. Doch das eine bedingt das andere. Wenn Hamburg einen Zahn zulegt und mehr in junge Talente investiert, kann die Hansestadt auch eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Fachkräftemangel spielen.

 


Ich merke, ihr seid sehr ambitioniert. Wie sehen denn eure Visionen für die Zukunft aus?


Lena: Wir wollen einfach weiter für Informatik begeistern - und zwar nicht nur junge Frauen, sondern  junge Menschen insgesamt . Da spielt natürlich auch der ITEC mit seiner Bildungsinitiative ITEC Cares eine entscheidende Rolle. Es funktioniert schon viel. Wir setzen uns aber zum Ziel, die Zugkraft zu erhöhen.

Laura: Und dazu brauchen wir auch die Unterstützung der Schulbehörden und von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern. Es ist Zeit, sich von starren Strukturen zu lösen und viel mehr Menschen den Einstieg in die IT zu ermöglichen, ohne ihnen Steine in den Weg zu legen. Das Problem wird man nicht von heute auf morgen lösen, aber wir können es schaffen den Stein rechtzeitig in die richtige Richtung und zum Rollen zu bewegen.

 


Wir sind sehr gespannt, was wir gemeinsam noch alles erreichen können und freuen uns, dass wir die gleichen Ziele verfolgen. Vielen Dank für das Gespräch und bis bald beim IT-Executive Club.


Lena & Laura: Vielen Dank!