Interview |  mit Anja Reul (Referatsleiterin im Hessischen Kultusministerium)

 

Mit dem DigitalTruck tourt das Kultusministerium Hessen durch das ganze Bundesland und versucht Neugier auf die neueste Technik in Grundschulen zu wecken. Für diese Idee erhielt das Projekt den ITEC Cares Award 2022 in der Kategorie staatliches Engagement. Wir haben Anja Reul, Referatsleiterin im Hessischen Kultusministerium getroffen und mit ihr über das Projekt, die Bedeutung des Awards und die Wichtigkeit der IT für die Gesellschaft gesprochen.

 


Frau Reul, noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des ITEC Cares Award. Fassen Sie doch bitte noch einmal zusammen, welchen Beitrag der DigitalTruck leistet, um digitale Kompetenzen zu fördern?


Anja Reul: Vielen Dank. Unser Digitaltrucks zielt darauf ab, digitale Grundkenntnisse in die Grundschulen zu bringen. Dazu gehören Themen wir Robotik, Künstliche Intelligenz (KI) oder generell kreative Medienkompetenzen. Schulen sollen Anregungen zum digitalen Arbeiten erhalten und daraus Inspiration für ihren Unterricht ziehen können.

 


Und warum ausgerechnet ein Truck?


Anja Reul: Uns war es bei dem Projekt besonders wichtig, dass alle Schulen besucht werden können und nicht nur die Schulen, die ohnehin digital arbeiten. Um auch digitale Werkzeuge in Schulen aus ländlichen Regionen zu bringen, brauchen wir einen mobilen Ort zum Ausprobieren. Also haben wir einen Truck mit mobilen Hotspots und allen nötigen Geräten bestückt. Somit können alle Schulen in unseren Workshops zu KI oder dem digitalen Buch lernen, ohne schon vorher digitale Geräte besitzen zu müssen.

 


Die Schülerinnen und Schüler lernen also im Truck selbst.​​​​​​​


Anja Reul: Genau, aber auch die Lehrkräfte wollen wir bei dem Programm ausbilden.  Vor allem die Lehrkräfte, die noch vor digitalen Medien ein wenig zurückschrecken. Das richtige Mindset besitzen die meisten bereits. Es geht hier eher darum, sie mit den digitalen Medien vertraut zu machen. Unsere Intention ist es, sowohl Schülerinnen und Schüler  als auch Lehrkräfte den Weg einer modernen 

 


Es ist enorm wichtig beide Gruppen abzuholen. Würden Sie auch sagen, dass macht den DigitalTruck so besonders?​​​​​​​


Anja Reul: Unter anderem. Es ist aber nicht so, dass wir einfach nur für Technik begeistern wollen. Der DigitalTruck ist als Ignite-Show geplant, in der wir digitale Kreativität entzünden. Das hat gut funktioniert, alle Kinder, Eltern und Lehrkräfte waren begeistert. Wichtiger ist aber, dass wir damit einen langfristigen positiven Effekt erzeugen konnten. 

 


Was genau meinen Sie damit?​​​​​​​


Anja Reul: Der DigitalTruck ist insgesamt als großes pädagogisches Konzept angelegt, das anschlussfähig an den Regelunterricht ist. Die Rückmeldungen, die wir aus den Schulen bekommen, beweisen, dass es funktioniert. Dass nach der DigiTruck-Woche sofort digitale Geräte angeschafft wurden, Kinder jetzt jede Woche eine AG besuchen oder in bestimmten Unterrichtsfächern schon die neuen Konzepte erprobt werden, freut uns natürlich sehr. Wir wollten das etwas hängenbleibt- und das ist auch nachhaltig geschehen!

 


Positives Feedback ist immer wichtig. ​​​​​​​


Anja Reul: Vor allem dann, wenn sich jetzt schon die Wartelisten für die Fortführung des Digitaltrucks füllen. Die anderen Schulen wurden also von der Idee angesteckt und das treibt uns an. 

 


Das Interesse scheint riesig zu sein. Wir stellen fest, dass die IT-Welt noch immer sehr von Männern dominiert wird. Wir müssen es schaffen, mehr weibliche Talente für die IT zu begeistern. Wie nehmen Sie das Interesse von Mädchen beim DigitalTruck wahr?


Anja Reul: Das Interesse ist bei allen Geschlechtern da. Wir haben allerdings gemerkt, dass Mädchen und Jungen unterschiedlich an Projekte herangehen. Das haben wir gerade bei unseren Robotik-Kursen festgestellt. Dabei ging es darum, Roboter zu bauen und zu programmieren, was in einer Art Wettbewerb mündete. Während Mädchen meist eher konzeptionell vorgingen und erst nachdachten, haben Jungs wild drauf losgebaut. Beide Konzepte können funktionieren, doch im Endeffekt haben die Mädchen gewonnen (grins*). 

 


Weil wir schon von Wettbewerb gesprochen haben, mit eurem Konzept habt ihr den ITEC Cares Award gewonnen. Was bedeutet die Auszeichnung für euch?​​​​​​​


Anja Reul: Zum einen zeigt der Award, dass unsere Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort einen exzellente Arbeit leisten. Für uns ist das aber auch eine Bestätigung, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Wir haben uns vorgenommen, in der Grundschule anzufangen, um Kinder so früh wie möglich zu begeistern. Es ist dabei ähnlich wie bei einem Tennistalent. Je früher man sich für den Sport begeistert, desto eher wird der Weg erfolgreich sein.

 


Das Engagement in der Grundschule hat die Jury auch noch einmal hervorgehoben.​​​​​​​


Anja Reul: Genau. Wir hören aber auch viele kritische Stimmen, die sagen, der Fokus in der Grundschule soll auf Rechnen und Schreiben liegen. Das ist zwar richtig, doch im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung müssen Kinder gut und früh darauf vorbereitet werden. Unser Truck ist auch so konzipiert, dass Schulen entscheiden können, in welcher Grundschulklasse sie starten. Wer lieber in der dritten anfangen will, hat genau so die Chance wie eine erste Klasse. 

 


Wie geht es denn jetzt weiter mit dem DigitalTruck?


Anja Reul: Es soll definitiv weitergehen mit dem DigitalTruck und der Kontakt mit den Grundschulen soll verstärkt werden. Vor allem ist uns aber wichtig, dass der Truck kein singuläres Ereignis bleibt. Es geht nicht nur um den kurzfristigen Spaß an IT-Themen, sondern viel mehr um die pädagogischen Konzepte, die in den Regelunterricht einfließen sollen. Diese werden jetzt im Ministerium in den verschiedenen Abteilungen vorangetrieben. Der Herausforderung nimmt sich unser Digitalisierungsreferat an. 

 


Gibt es auch einen Austausch zwischen den einzelnen Bundesländern?​​​​​​​


Anja Reul: Wir tauschen uns immer aus und haben natürlich auch länderübergreifend gemeinsame Projekte. Viele fragen uns auch nach dem pädagogischen Konzept des Trucks. Dieser Austausch ist enorm wertvoll, um nicht bei jedem Projekt von Null anzufangen. 

 


Das stimmt absolut. Gut, dass wir uns ausgetauscht haben, denn das war ein wirklich interessantes Gespräch. Vielen Dank!​​​​​​​


Anja Reul: Vielen Dank, das fand ich auch.